Leonhart Fuchs

Leonhart Fuchs (1501 - 1566)

 

Lebenslauf von Leonhart Fuchs

Die Hauptquelle für die äußeren Lebensumstände des Leonhart Fuchs ist: Oratio de vita et morte clarissimi viri, medici et philosophi praestantissimi, D. Leonharti Fuchsii, artis medendi in Academia Tubingensi professoris doctissimi: a doctissimo viro Georgio Hizlero, Graecarum et Latinarum literarum in eadem professore habita et scripta. 1566. Diese Rede ist auch in Opera, Francofurti ad Moenum 1566/67 Tom. I und in Opera didactica 1604 zu finden. - Zu Dank bin ich dem Archivar der Stadt Wemding, Herrn Geistlichen Rat Joh. Pütz verpflichtet, der mir die Forschungen des verstorbenen (1917) Eichstätter Professors Jos. Schneid über den Stammbaum der Familie Fuchs zur Verfügung stellte.
Bildnis von Leonhart Fuchs

Leonhart Fuchs wurde am 17. Januar zu Wemding im bayerischen Schwaben (BA. Donauwörth) geboren. Das jetzt durch seine Schwefelquellen als Wildbad bekannte Städtchen liegt etwa 16 Kilometer östlich der früheren alten Reichsstadt Nördlingen. Sein Großvater Hans Füchslein (gest. 1525) war Bürgermeister der Stadt Wemding gewesen und auch sein Vater - er führte ebenfalls den Vornamen Hans - war ein angesehener Mann. Ebenso stammte des Leonhart Fuchs Mutter Anna, eine geborene Dentener, aus einer Ratsherrnfamilie. Außer Leonhart entsprossen der Ehe noch ein Sohn Hans, der Priester wurde, zwei Töchter, Anna und Barbara, die beide mit Wemdinger Bürgern verheiratet waren.

Als Fuchs im fünften Lebensjahre stand, verlor er bereits seinen Vater und die Mutter schickte den Zehnjährigen in die Schule der alten Reichsstadt Heilbronn, wo ein gewisser Magister Conrad sein Lehrer war. Schon ein Jahr später finden wir den jungen Leonhart auf der berühmten Marienschule zu Erfurt und noch nicht ganz zwölf Jahre alt bezog er die Universität Erfurt, wo er an der Artistenfakultät (der Fakultät der "Freien Künste", etwa der heutigen philosophischen Fakultät entsprechend) immatrikuliert wurde. Bald erreichte er den Grad eines "Baccalaureus artium". Mit etwa siebzehn Jahren kehrte er in seine Vaterstadt Wemding zurück und eröffnete hier eine Privatschule. Doch war hier seines Bleibens nicht lange. Unterm 29. Oktober 1519 finden wir in der Matrikel der bayrischen Universität Ingolstadt (sie wurde 1800 nach Landshut, 1826 nach München verlegt) den Eintrag "Leonhard Fuxlein ex Wending". Dem Lehrkörper dieser Hochschule gehörte damals der berühmte Humanist Johann Reuchlin (1455 - 1522) an. Unter dessen Leitung und unter der des Jakob Ceporinus widmete sich Leonhart Fuchs vor allem dem Studium der klassischen Sprachen, was ihm später in seinen medizinischen und botanischen Studien sehr zu statten kam. Offenbar hatte sich Fuchs schon damals viel mit diesen beiden Wissenschaften beschäftigt, denn bereits 1524 finden wir ihn in der Universitätsmatrikel als Doktor der Medizin erwähnt.

Eine solche Vereinigung der philologischen und medizinischen Studien, wie wir sie bei Fuchs sehen, war zur damaligen Zeit durchaus nichts Ungewöhnliches, es sei nur an den Zeitgenossen des Fuchs, an Otto Brunfels, von dem unten die Rede sein wird, erinnert. Obwohl gerade Ingolstadt in jener Zeit eine Hochburg gegen die neue Lehre Luthers war, schloß sich Fuchs während seines dortigen Aufenthaltes der Reformation an. Konfessionelle Gründe waren es wohl, die Fuchs veranlaßten, noch im Jahre 1524 der Ingolstädter Hochschule den Rücken zu kehren und nach München überzusiedeln. Dort übte er die ärztliche Praxis aus und verheiratete sich mit Anna Fridberger (gest. Febr. 1563), die ihm vier Söhne und sechs Töchter gebar.

Auffällig mag es erscheinen, daß der Protestant Fuchs doch wieder nach kurzer Zeit einen Ruf als Professor der Medizin nach dem katholischen Ingolstadt bekam. Am 23. Mai 1526 trat er diese Professur an, als "Leonhard Füchsel" erscheint er 1526 im Matrikelbuch der genannten Universität, aber diesmal in der Liste der Professoren. Wie schon vorauszusehen war, dauerte die Ingolstädter Lehrtätigkeit nicht lange, schon nach zwei Jahren, am 18. Mai 1528, berief der Markgraf Georg von Brandenburg unseren Fuchs als Leibarzt zu sich in die mittelfränkische Stadt Ansbach, die Residenz des Markgrafentums. Da sich der Ansbacher Hof der protestantischen Lehre angeschlossen hatte, so waren hier für Fuchs keine konfessionellen Mißhelligkeiten zu befürchten. Weiter mag für Fuchs ein Beweggrund sein Ingolstädter Amt aufzugeben der gewesen sein, daß er davon vernommen hatte, in Ansbach werde eine protestantische Universität errichtet, ein Plan, der allerdings nicht zur Ausführung kam. Immerhin hat es den Anschein, daß Fuchs in Ansbach eine Lehrtätigkeit ausübte, denn er gab 1531 eine "Einführung" in die Medizin heraus, die offenbar eine Art Leitfaden für den Unterricht war. Große Verdienste soll sich Fuchs in Ansbach bei der Bekämpfung einer epidemisch auftretenden Infektionskrankheit, des sog. Englischen Schweißes (Sudor anglicus), erworben haben. Der Name dieser mit Schüttelfrost, starken Schweißausbrüchen, Atemnot und anderen Erscheinungen einhergehenden, vielfach tödlich verlaufenden Krankheit rührt daher, daß sie zuerst 1485 und 1508 in England aufgetreten war. 1529 hatte sie auch auf das europäische Festland übergegriffen.

Sei es nun, daß Leonhart in seiner Ansbacher Tätigkeit keine rechte Befriedigung fand, sei es, daß er die Laufbahn als Universitätslehrer, mit der er in Ansbach offenbar gerechnet hatte, vermißte, im Jahre 1533 nahm er - jetzt zum zweiten Male - wieder einen Ruf als Professor der Medizin ab der Universität Ingolstadt an. Der bayeriche Kanzler Leonhard von Eck, übrigens sonst ein scharfer Gegner des Protestantismus, war es gewesen, der den Protestanten Fuchs berufen hatte. Aber die Widerstände, die Fuchs in Ingolstadt vorfand, waren so groß, daß er seine Stelle gar nicht antrat, sondern bereits am 9. August 1533 Ingolstadt verließ und nach Ansbach zurückkehrte. Bald darauf brach hier die Pest aus und Fuchs begab sich mit der markgräflichen Familie nach Kulmbach. Erst als die Seuche etwa nach Jahresfrist erloschen war, kehrte er dorthin zurück. An die Ansbacher Zeit des Leonhart Fuchs erinnert sein Halbrelief, das 1920 an der Westmauer des Ansbacher Hofgartens angebracht wurde. Im Sommer blühen vor dem Steinbild die Fuchsien, die Pflanzen, die von Linné zu Ehren des Botanikers Fuchs benannt wurden.

Das ruhelose Wanderleben unseres Gelehrten fand erst dann seinen Abschluß, als sich ihm im Jahre 1534 die Aussicht eröffnete, eine medizinische Professur an der 1477 gegründeten Universität Tübingen zu erhalten. Vermutlich war es der Humanist Philipp Melanchthon, der "Praeceptor Germaniae", dem Fuchs diese Berufung verdankte. Gerade um diese Zeit berief Herzog Ulrich von Württemberg verschiedene jüngere Kräfte an die Universität Tübingen, darunter auch den berühmten Humanisten Joachim Camerarius, mit dem Fuchs 1538 den griechischen Galen=Text herausgab. Am 13. August 1535 nahm Fuchs seine Lehrtätigkeit als Professor der Medizin in Tübingen auf. Als akademischer Lehrer genoß er großes Ansehen. Von seinem Vortrag rühmt sein Biograph G. Hizler, daß er methodisch klar und deutlich gewesen sei, daß er nicht länger als notwendig bei den Dingen verweilte und doch alles Nötige zu sagen wußte. Fuchs trug hauptsächlich die Anatomie des Menschen vor, und zwar nach dem Lehrbuch des Begründers der wissenschaftlichen Anatomie, des Niederländers Andreas Vesalius (geb. 1515). An dieser Stelle mögen einige Worte über Fuchs als Arzt eingeschaltet werden! Da wir es hier vor allem mit dem Botaniker Fuchs zu tun haben, genügen einige kurze Andeutungen über den Arzt Fuchs. Ausführliches darüber bringt Stübler (s. Schrifttum). Die Zahl der medizinischen Werke des Leonhart Fuchs (Übersetzungen antiker Ärzte und Erläuterungen dazu, Streitschriften, Lehrbücher), alle in lateinischer Sprache abgefaßt, ist sehr groß, sie beträgt an die drei Dutzend. Während die Vorgänger und teilweise auch noch die Zeitgenossen des Fuchs vor allem die arabischen, bzw. arabistischen Ärzte des 8. bis 13. Jahrhunderts( Razes, Avicenna, Averroes, Ibn al Baitar usw.) als Autoritäten betrachteten, setzte sich Fuchs mit aller Kraft für die Schriften der griechischen Ärzte (Hippokrates, Dioskurides, Galenos) ein. Er war hier um so mehr im Recht, als ja die arabischen Ärzte zum großen Teil auf den Werken dieser griechischen Ärzte fußten. Da Fuchs, wie wir aus seinem Studiengang sehen konnten, ein gründlicher Kenner der griechischen Sprache war, konnte ihm die Beschäftigung mit den Werken der alten griechischen Ärzte nicht schwer fallen. Freilich muß hier gesagt werden, daß Fuchs diese antiken Ärzte nicht selten zu "philologisch" behandelte und daß er in den ärztlichen Geist ihrer Schriften (z.B. hippokratischen) nicht tief genug eindrang. Fuchs war, wenn man sich so ausdrücken darf, hauptsächlich ein "philologischer Mediziner", ein Theoretiker, wie eben die meisten medizinischen Universitätslehrer seiner Zeit. Wie er sich als ärztlicher Praktiker bewährt hat, wissen wir nicht. Es wird zwar behauptet, daß er 1529, als in Ansbach die Seuche des "Englischen Schweißes" wütete, "vielen Menschen das Leben gerettet habe", aber andererseits wissen wir auch, daß Fuchs, als im Jahre 1556 zu Tübingen die Pest ausbrach, sich zur Abreise nach Reutlingen rüstete, um dort das Erlöschen der Seuche abzuwarten, für einen Arzt immerhin ein etwas merkwürdiges Verhalten. Wie dem auch sei, der Ruf, den Fuchs als Arzt genoß, muß sehr bedeutend gewesen sein, denn im Jahre 1537 erhielt er durch Herzog Albrecht von Preußen die Anfrage, ob er nicht geneigt sei, bei dessen Schwager, dem König Christian III. von Dänemark, den Posten eines Leibarztes zu übernehmen. Fuchs erklärte sich zunächst bereit das Amt anzunehmen, zog aber dann seine Zusage zurück mit der Begründung, daß die Reise zu weit und der Transport seiner großen Bücherei zu schwierig sei, er sei aber geneigt, bei dem Herzog Albrecht selbst in Dienste zu treten. Schließlich blieb er aber doch der Universität Tübingen treu. Auch als später der Herzog Cosmas de Medici unseren Fuchs (wohl auf Veranlassung des oben erwähnten Anatomen Vesalius) nach Pisa berufen wollte und ihm die Stelle eines Leiters des dortigen Botanischen Gartens versprach, lehnte Fuchs ab. Jedenfalls sehen wir aber aus diesen Berufungen, daß Fuchs bereits damals eine "internationale" Berühmtheit war. In Tübingen war es auch, wo Fuchs sein berühmtestes Werk schuf, das die Jahrhunderte überdauerte, nachdem seine medizinischen Schriften längst vergessen sind. Es ist dies sein Kräuterbuch, dessen deutsche Ausgabe wir hier vor uns haben und von dem unten noch ausführlich die Rede sein wird.

Das große Ansehen, das Fuchs an der Universität Tübingen genoß, geht schon daraus hervor, daß er siebenmal die Rektoratswürde dieser Hochschule inne hatte. Kaiser Karl V. erhob Fuchs - die Zeit läßt sich nicht genau feststellen - wegen dessen Verdienste in den Adelsstand, angeblich sogar gegen den Willen des Fuchs und jedenfalls ohne dessen Bewerbung. Über die letzten Lebensjahre des Leonhart Fuchs läßt sich nur sagen, daß er bis zu seinem Tode rastlos, besonders an der Vervollständigung seines Kräuterbuches, gearbeitet hat. Nachdem seine Gattin Anna im Februar 1563 gestorben war, verheiratete er sich im Jahre 1564 mit der Witwe des Pfarrers Michael Gretherus aus Schwäbisch=Hall. In seinem 66. Lebensjahr erkrankte Fuchs, der bis dahin immer von ausgezeichneter Gesundheit gewesen war, und am 10. Mai 1566 starb er eines raschen Todes. Er wurde an der Seite seiner ersten Frau Anna beigesetzt. Die Leichenrede hielt Georg Hizler, Professor der klassischen Sprachen an der Universität Tübingen. Diese Rede, die auch im Druck erschien, ist die Hauptquelle für die Lebensumstände des Leonhart Fuchs. Der Zufall wollte es, daß sein Vetter Johann Vischer (Fischer), auch ein geborener Wemdinger (1524 - 1587), sein Nachfolger im medizinischen Lehramte wurde.

Daß Fuchs hervorragende Geistesgaben besaß, beweisen seine Werke. Seine medizinischen Werke sichern ihm, wenn auch nicht einen hervorragenden, aber immerhin ehrenvollen Platz in der Geschichte der Heilkunde. War er doch ein Begründer und Hauptverfechter des Neu=Galenismus, der die bis dahin unbestritten anerkannte Autorität des arabischen Arztes Avicenna stürzte. Noch größer und weiter wirkend sind aber seine Verdienste als Verfasser des Kräuterbuches. Man kann die Vielseitigkeit des Leonhart Fuchs, des Mediziners, Botanikers und geschulten Philologen, nur bewundern, eine Vielseitigkeit, die er zwar mit manchen seiner Zeitgenossen teilte. Allerdings spricht aus manchen seiner Schriften eine gewisse Ruhmredigkeit und Unduldsamkeit gegen die Ansichten anderer. So ist er auf dem Titel seines lateinischen Kräuterbuches als der "weitaus berühmteste Arzt seines Zeitalters" ("Leonharto Fuchsio medico hac nostra aetate longe clarissimo autore") bezeichnet. Es ist nicht wahrscheinlich, daß diese überschwängliche Bezeichnung nur dem Verleger, der mit einer solchen Anpreisung Geschäfte machen wollte, zuzuschreiben ist. Mit seinen wissenschaftlichen Gegnern oder Mitbewerbern ging Fuchs nicht gerade sanft um (diese mit ihm allerdings auch nicht!). Dies zeigt sich besonders in dem langen literarischen Streit, den er mit dem philologischen Mediziner Janus Cornarius (Johann Haynpul aus Zwickau), Professor in Marburg, führte. Allerdings hatte dieser unseren Fuchs herausgefordert, indem er ihm Vielschreiberei, ja sogar Abschreiberei aus den Werken anderer vorwarf. Ein Grund für diese Angriffe war wohl ein gewisser Neid des Cornarius, dessen medizinische Lehrbücher nicht die weite Verbreitung fanden wie die des Fuchs. Im Jahre 1545 erschien bei dem Verleger Egenolff in Frankfurt a. M. eine Streitschrift des Cornarius, die den anzüglichen Titel "Vulpecula excoriata" (das abgehäutete Füchslein) hatte, und in der dem Wissenschafter Fuchs allerlei Unschönes nachgesagt wurde. Vor allem stellte Cornarius das Kräuterbuch des Fuchs als eine bloße Kompilation aus den alten Schriftstellern hin. Aber Fuchs war nicht der Mann, die Angriffe des Cornarius, wenn sie auch zum Teil berechtigt waren, ohne weiteres hinzunehmen. Noch im gleichen Jahr antwortete er mit seiner Schrift "Cornarius furens" (der wütende Cornarius), in der er an seinem Gegner, immerhin einem verdienstvollen Herausgeber antiker Ärzte, kein gutes Haar mehr ließ. Auch mit anderen zeitgenössischen Gelehrten trug Fuchs wissenschaftliche Fehden aus. Diese uns erhaltenen Streitschriften sind oft nichts weiter als rein persönliche Verunglimpfungen. Wie in den meisten derartigen Fällen lag wohl die Schuld auf beiden Seiten: Fuchs hatte wegen seiner großen Erfolge zahlreiche Neider und er selbst war wieder überempfindlich und zu ehrgeizig, auch wenn die Gegner in manchen Punkten im Rechte sein mochten. Trotzdem hat man immer den Eindruck, daß Fuchs im Ganzen gesehen der wissenschaftlich bedeutendere ist, was ja auch dadurch bewiesen wird, daß heute die Namen seiner Gegener fast vergessen sind, während er selbst immer einen geachteten Platz in der Geschichte der Botanik und der Medizin einnehmen wird.

Von Prof. Dr. Heinrich Marzell (1938)

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