Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von weisser Nießwurtz. Cap. CIIII.

 

Abbildung Weiß Nießwurtz
Weiß Nießwurtz ( CLI )
Abbildung: Seite 287

Deutsch: Germer, weißer
English: Helleborine, white
Francais: hellébore blanc
Francais: vératre blanc
Latein: Veratrum album

Namen.

D
Ie weiß Nießwurtz würt also genent von wegen seiner wurtzel / die ettwas weiß ist / so sie gegen der schwartzen Nießwurtz gehalten würt. Auff Griechisch ist sie geheyssen Elleboros leucos / zu Latein aber Elleborus candidus / oder albus / welcher nam den Apoteckern auch bekant ist.

Gestalt.

   Die weiß Nießwurtz hat einen stengel der ist einer elen hoch / unnd zu zeiten höher / inwendig hol / bekleydet mit blettern die dem Wegerich / oder dem Entzian gleich seind / aber nit so lang / durch welche gond ripp / die seind ein wenig braunfarb. Zwüschen den blettern / und oben am gipffel des stengels zu beyden seiten bringt sie jhre drauschelechte bleychgeele oder falbe blümlin / darauß werden kleine schäfllin / darinn bringt sie jhren samen. Die würtzelin / welche eines strohalms breyt unn dick seind / wachsen alle auß einem runden / langlechten knöpfflin / das außwendig braun erdenfarb ist / inwendig aber weiß / als were marck darinn / scharpff auff der zungen.

Statt seiner wachsung.

   Die weiß Nießwurtz wechst gern auff den kallten / rauhen / unnd bergigen orten.

Zeit.

   Blüet im Hewmonat und Augstmonat / und bringt folgends seinen samen.

Die natur und complexion.

   Die weiß Nießwurtz ist warm und trucken im dritten grad.

Die krafft und würckung.

   Die weiß Nießwurtz macht speien / und treibt mit grossem gewalt mancherley feuchtigkeyt oben hinauß durch das undewen. Und ist warlich an jr selber ein seer starcke artzney / die nit on zusatz anderer artzney / die jre hefftige und starcke würckung miltern / soll jngenommen werden. Darumb hat Galenus keinen innerlichen brauch diser wurtzel angezeygt / allein gelernet wie mans außwendig brauchen soll zu den geflechten / rauden / unnd allerley unreynigkeyt die sich außwendig am leib erzeygt. Dise wurtzel würt auch zu den geschwären / grinden und alten schäden / dieselbigen darmit zu reynigen unn seübern / genützt. Sie würt auch zu den artzneyen darmit man die augen klar unnd lauter macht / gebraucht. Bringt den frawen jre zeit / so sie in die muter gethon würt. Nießwurtz gepulvert in die nasen gethon / reynigt das hirn / und macht niesen. Nießwurtz mit hönig und meel vermischt unn ein breyle darauß gemacht / ist gut die ratten / meüß und dergleichen unzifer zu tödten und zu vertreiben. Nießwurtz in milch gesotten unnd den mucken fürgesetzt / tödtet sie / dann so vil darvon essen / die müssen all geschwellen und zerbrechen. Wem die zeen wee thun / der siede Nießwurtz in essig / unnd wäsche den mund darmit / so legt sie den weetagen. Nießwurtz gepulvert / mit hönig und essig vermischt / unnd ein zäpfflin darauß gemacht / und folgends unden zu sich genommen / macht speien. Dieweil dann die weiß Nießwurtz so gar hefftig ist / sol sie nit dann zu den grossen kranckheyten / als ist die fallend sucht / schwindel / unsinnigkeyt / wassersucht / aussatz / krampff / hüfftwee / und dergleichen / gebraucht werden / unn allein diser gestalt. Die Nießwurtzel soll zuvor xxiiii. stund in wein / oder Oxymel in den Apotecken geheyssen / jngebeytzt / und folgends wider gedörrt / unn darvon mit wein eines halben quintlin schwär / nach gelegenheyt der person / jngegeben werden. Man mag auch gedachte wurtzel zween tag in wein legen / oder in einer fleyschbrüe ein tag lang beytzen / und den krancken ein klein drinckgläßlin vol geben. Aber dise wurtzel soll keinem allten / keinem kind / keiner frawen / noch zarten menschen gegeben werden. Ettlich brauchen dise Nießwurtz also / sie machen ein loch inn einen Rettich / und stecken die wurtzel darinn / und stopffends zu / lassen sie darinn xxiiii. stund / darnach nemen sie die wurtzel wider herauß / alßdann treibt diser rettich zu dem stulgang / dieweil er die krafft der Nießwurtz an sich gezoge hat.

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