Leonhart Fuchs Werner Waimann

Leonhart Fuchs: Das Kräuterbuch von 1543

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Von Holder. Cap. XX.

 

Abbildung Holder
Holder ( XXXVI )
Abbildung: Seite 94

Deutsch: Holder
Deutsch: Holunder, schwarzer
English: Elder, black
English: Elder, common
Francais: sureau (noir)
Latein: Sambucus nigra
 

Abbildung Attich
Attich ( XXXVII )
Abbildung: Seite 95

Deutsch: Attich
Deutsch: Zwerg-Holunder
English: Elder, dwarf
English: Danewort
Francais: sureau petit
Francais: hièble
Latein: Sambucus ebulus

Namen.

D
Er Holder würt vo den Griechen geheyssen Acte / von den La teinischen aber Sambucus. Er ist aber Holder genent worde darumb / das seine zweig inwendig hol / unn voller marck

seind.Geschlecht.

   Des Holders findt man zweyerley geschlecht. Eins wechst auff wie andere baum / und würt in den Apotecken genent Sambucus / unnd auff Teütsch Holder. Das ander geschlecht würdt von den Griechen Chameacte geheyssen / das ist auff Teütsch sovil als kurtzer oder nidrer Holder. Lateinisch würt diser Holder Ebulus / und Teütsch Attich genent.

Gestalt.

   Der Holder scheüßt baumsweiß auff / mit runden / holen / starcken unn weißgrawen ästen und zweigen / dem Ror gleich. An den ästen bringt er drey / vier / fünff / sechs / oder siben bletter / die underscheydenlich von einander steen / den Welsche nuß bletter nit ungleich / eins starcken geruchs / ringßumbher zerkerfft. Am gipffel der äst tregt er seine gekrönte / oder eine schatthut gleich / weisse blüm lin / auß welchen werden runde beer / schwartz mit purper vermischt / gleich wie die trauben zu hauffen verfügt / safftig / unnd am geschmack schier dem wein gleich. Der Attich ist niderechtiger unnd kleiner / mehr einem kraut dann einem baum gleich / hat einen vierecketen stengel / mit vilen gleychen unnd gewerblin / auß welchen wachsen lange bletter den mandelbaum blettern gleich / wie flügel außgebreyt / ringßumb zerkerfft / eins starcken geruchs. Am gipffel der stengel bringt er blumen unnd beer / wie der Holder. Die wurtzel ist lang / unnd fingers dick.

Statt irer wachsung.

   Beyde der Holder und Attich wachsen gern an schattechten unnd rauhen orten / auch neben den wassern. Doch der Attich wechst auch auff ettlichen fäldern und äckern.

Zeit.

   Der Holder blüet im Brachmonat / ein wenig vor der Sonnenwend. Der Attich aber später / nemlich im ende des Brachmonats / unnd im Hewmonat. Seine beer sollen im Augstmonat gesamlet werden.

Die natur und complexion.

   Beyde Holder unnd Attich seind warmer unnd trückner natur unnd complexion.

Die krafft und würckung.

   Der Holder unnd Attich haben einerley würckung / trücknen unnd treiben auß das wasser / doch seind sie dem magen schädlich. Die jungen dolden unnd bletter gleich wie andere kreüter gesotten / und in der speiß genossen / treiben auß den rotz / pituitam genent / und die gallen. Die wurtzel in wein gesotten / und in der speiß genossen / ist den wassersüchtigen seer gut / dann sie treibt gewaltig das wasser auß dem leib. Dergleichen getruncken / ist sie nützlich denen so von den natern / uiperae geheyssen / gebissen seind. Wann man die wurtzel in wasser seüdt / und darin sitzt / so erweycht sie und eröffnet die hertten und verschwollne muter. Sölche krafft haben auch die beer / so sie mit wein getruncken werden. Der safft von den beeren angestrichen / macht das har schwartz.. Die frischen unnd zarten bletter mit gerstenmaltz vermengt / miltern die überige hitz. Sie seind auch gut zu dem brand / unn denen so von einem wütenden hund gebissen seind / wann mans überlegt. Sie heylen auch die tieffen und holen wunden. Mit ochsen oder bocks schmaltz vermischt und übergestrichen / lindern den schmertzen des podagrams. In wasser gebeißt oder gesotten / unnd darnach das ort mit dem selbigen wasser besprengt / vertreiben unnd tödten die flöhe und mucken. Der rauch vom Attich / vertreibt die schlangen und natern.

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